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Grosse Glasflächen – (k)eine Gefahr für Vögel?!

02.05.2024 Larissa Riner, Conzept-B

Immer mehr trifft man bei Fenstern und Fassaden auf grosse spiegelnde und transparente Flächen. Eine Schattenseite von diesen ist die Kollisionsgefahr für Vögel. Durch gezielte Massnahmen kann dieses Risiko reduziert oder vermieden werden.

Glasflächen in der Gebäudehülle sorgen im Wohnraum für Aussicht, Lichteinfall und stellen einen wichtigen Bezug zur Aussenwelt her. Sie gehören zu den zentralen Aspekten der Gebäudeplanung und eröffnen in Form und Grösse viel Gestaltungsspielraum. Insbesondere grosse Glasflächen bergen jedoch die Gefahr eines Aufpralls für Vögel. Das hängt im Wesentlichen mit den Eigenschaften des Glases wie der Durchsicht sowie der Reflexion zusammen. Glasflächen und reflektierende Oberflächen finden sich dabei längst nicht nur bei Fensterflächen, die der Aussicht dienen. Auch Fahrradunterstände aus transparentem Material, transparenter Lärmschutz, Balkongeländer aus Glas sowie spiegelnde Fassaden bergen ein hohes Risiko. Im Grunde gilt: Je weniger reflektierende sowie transparente Flächen im Aussenbereich vorhanden sind, desto besser für die Vögel. Für einen Fahrradunterstand sowie ein Balkongeländer, die nicht primär der Aussicht dienen, lässt sich beispielsweise ein nicht spiegelndes sowie ein undurchsichtiges Material wählen, wodurch mögliche Zusammenstösse von Vornherein verhindert werden. Um die geeigneten Massnahmen für die Fensterflächen des eigenen Zuhauses auszuwählen, lohnt sich eine genauere Betrachtung der Gefahrenquellen.

Durchsicht und Spiegelung: Gefahrenquellen für die Vögel

Sowohl die Durchsicht als auch die Reflexion hängen mit den Lichtverhältnissen vor und hinter einer Glasscheibe zusammen. So kommt es zur Durchsicht, wenn es im Hintergrund einer Glasscheibe gleichermassen hell ist wie im Vordergrund. Zur Reflexion kommt es wiederum, wenn es hinter einer Glasscheibe dunkler ist als davor. Beides kann für Vögel zur lebensgefährlichen Falle werden. Bei der Durchsicht besteht die Möglichkeit, dass der Vogel das gläserne Hindernis nicht wahrnimmt, während bei der Spiegelung die Weiterführung des Lebensraums vorgetäuscht wird. Die Spiegelungen einer dichten Vegetation sowie des blauen Himmels führen also häufig zur Kollision mit der Scheibe. Auch ein breites Futterangebot in der Nähe von grossen Glasflächen kann eine anziehende Wirkung auf Vögel haben, was ebenfalls die Gefahr eines Aufpralls erhöht. Vögel nehmen Hindernisse wie Menschen optisch wahr, wobei sich das Sehfeld der meisten Vogelarten aufgrund der seitlich liegenden Augen stark von demjenigen des Menschen unterscheidet. Sie haben zwar einen weitwinkligen Blick, doch nur ein kleiner Winkel wird durch beide Augen abgedeckt. Deshalb müssen Spiegelungen und Transparenz vermieden und unterbrochen werden. Bei der Durchsicht kann die Glasscheibe beispielsweise durch eine äussere Kontur oder innere Textur wahrnehmbar gemacht werden.

Geeignete Vogelschutzmassnahmen

  • Mattes und strukturiertes Glas: Mattes oder strukturiertes Glas verursacht keine oder nur wenig realitätsnahe Spiegelungen und ist eine vogelfreundliche Lösung. 
  • Sandstrahlverfahren und Satinieren: Durch das Sandstrahlverfahren sowie durch Satinieren können Glasscheiben im Nachhinein mit einer matten Oberfläche ausgestattet werden. Dadurch werden Spiegelungen sowie Durchsicht verhindert. Beim Sandstrahlverfahren wird mit Druckluft Sand auf die Glasoberfläche geblasen, während beim Satinieren die matte Oberfläche durch einen chemischen Prozess zustande kommt. 
  • Muster und Folien: Durch Folien mit aufgedrucktem Muster oder eine Trägerfolie mit aufgeklebten Musterelementen können transparente und spiegelnde Glasflächen wahrnehmbar gemacht werden. Die Folien müssen, ausser bei freistehenden Glasscheiben, immer an der Aussenseite der Scheibe angebracht werden. Dabei ist darauf zu achten, dass dunkle Farben oder andere absorbierende Materialien zur Erwärmung der Glasscheibe und dadurch zu einem Glasbruch führen können. Da die meisten geprüften Vogelschutzmuster aber kleinteilig sind und keine flächige Erwärmung verursachen, können sie ohne Bedenken verwendet werden. 
  • Bemalen der Fensterscheiben: Auch eine witterungsfeste und individuelle Gestaltung der Aussenscheiben, wie beispielsweise durch Fensterfarben, ist wirksam. Sie muss jedoch die ganze Fläche umfassen und darf keine grossen Lücken freilassen.

Ungeeignete und weniger wirksame Massnahmen 

  • Aufgeklebte Greifvogelsilhouetten: Entgegen der verbreiteten Annahme haben aufgeklebte Greifvogelsilhouetten nicht die erwünschte abschreckende Wirkung. Die Vögel nehmen die Silhouetten oft nicht als Fressfeind wahr und weichen ihnen nicht weiträumig genug aus. 
  • Glas mit geringem Aussenreflexionsgrad: Obwohl Innenräume oftmals gut beleuchtet sind, gibt es während des Tages dennoch grosse Lichtunterschiede zwischen innen und aussen. Auch mit einem stark entspiegelten Glas, welches das Risiko einer Kollision zwar vermindert, kann es noch zu realitätsnahen Spiegelungen kommen. 
  • Transparente UV-Markierungen: UV-Markierungen, die das Licht im UV-Bereich sichtbar machen, sollen Vögel von Fensterscheiben abschrecken. Sie erreichen aber oft nicht den erwünschten Schutz, da nicht alle Vögel Licht im UV-Bereich gleich gut wahrnehmen. Zudem kann ein bedeckter Himmel zu einer geringeren Wirksamkeit führen. 
  • Anbringen von Jalousien und hellen Vorhängen: Innen angebrachte Jalousien und helle Vorhänge können Reflexionen an der Glasscheibe reduzieren, aber nicht ganz verhindern. Zudem sind sie nicht immer heruntergelassen bzw. vorgezogen.